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Bettelei in Österreich

Bettelnde Personen in Wien kommen oft aus Osteuropa

 

Obwohl die Zwangsprostitution eines unserer großen Herzensthemen ist, beschäftigen wir uns auch mit vielen anderen Themen rund um den Menschenhandel, Arbeitsausbeutung und Abhängigkeiten bezüglich ihrer Lebenssituation. So betreuen wir auch Klient*innen aus der Bettelei.

 

 

 

Wie viele Menschen derzeit in Wiens Straßen betteln ist schwer zu schätzen. Der Polizei sind ca. 450 Personen aus Rumänien, 300 aus Bulgarien und kleinere Gruppen aus der Slowakei und Ungarn bekannt. Die Dunkelziffer dürfte aber laut Bundeskriminalamt höher sein.

 

 

 

Die Polizei unterteilt diese Personen in drei Gruppen: Armutsbettler, organisierte Bettler und Menschenhandel. Hinter der organisierten Bettelei stecken nicht automatisch kriminelle Banden. Mit legaler und selbstbestimmter Arbeit hat das trotzdem in der Regel nichts zu tun. Meist organisiert eine kleine Gruppe den Transport von Personen nach Österreich aus Osteuropa.

 

Es wird klar vorgegeben, wo und wann gebettelt und geschlafen wird. Der Preis für die Unterbringung ist unverhältnismäßig hoch – oft nur für eine Matratze in einer überfüllten Wohnung für eine bestimmte Zeit am Tag (sogenannte Bettgeher). Da die Personen überwiegend aus freien Stücken dem Ganzen zustimmen, ergibt sich eine rechtliche Grauzone.

 

Osteuropäische Personen mit Behinderungen sehen manchmal keinen anderen Ausweg als zu betteln.

 

Wer aufmerksam durch Wien geht, bemerkt, dass viele Bettler*innen körperliche Behinderungen haben. Eine Zwangs Verstümmelung von einer „Bettelmafia“ ist den Behörden in Österreich nicht bekannt. Der Grund ist eher die mangelhafte Sozialpolitik in osteuropäischen Ländern. In Rumänien beispielsweise gibt es für Roma weder Behinderteneinrichtungen noch angemessene medizinische und finanzielle Unterstützung. Auch in Bulgarien ist die Situation für physisch und psychisch Behinderte unzureichend. Wer gar nicht mehr arbeiten kann, dem bleibt trotz Pflegegeld kaum genug zum Überleben. Die Bettelei stellt für viele also die einzige Möglichkeit dar, sich und die Familie zu versorgen.

 

 

 

Auch wer selbst körperlich unversehrt ist, wählt die Bettelei nicht selbstbestimmt. Menschen die aus strukturschwachen Regionen kommen oder schlecht ausgebildet sind, haben kaum eine Chance in der Heimat Arbeit zu finden. Auch junge körperlich fitte Menschen können das schlechte Sozialsystem zu spüren bekommen. Eine schwere Krankheit, der Verlust eines arbeitenden Familienmitglieds, Pflege von Verwandten, ein Unfall – diese Schicksalseinschnitte können jeden treffen und können einen Menschen oder ganze Familien bei einem mangelhaften Sozialsystem in die Armut katapultieren.

 

 

 

Warum die Personen dann nach Österreich kommen ist unterschiedlich. Einige kommen in der Hoffnung auf einen Job, andere sehen keine andere Perspektive, als mit der Bettelei zu beginnen. Sie bleiben oft ein paar Wochen oder Monate und schicken das Geld nach Hause zu ihren Familien. Es kommt auch vor, dass die eigene Familie so viel Druck ausübt, sodass sie keine andere Wahl haben.

 

Bettler werden stark diskriminiert in Österreich

 

Das immer wieder diskutierte allgemeine Bettelverbot in Österreichs Städten würde nur die vermeintlichen oder tatsächlichen Opfer der Situation bestrafen und nicht zur Strafverfolgung von TäterInnen des Menschenhandels beitragen. Bisher ist aufdringliches Betteln und Bettelei von Minderjährigen verboten. Als Aufdringlichkeit kann jedoch schon eine ausgestreckte Hand bestraft werden. Verwaltungsstrafen für organisierte Bettelei können bereits verhängt werden, wenn eine Person mehrmals am gleichen Ort bettelt. Gerechtfertigt werden diese starken Einschränkungen als Beiträge im Kampf gegen den Menschenhandel.

 

 

 

Bewiesener Menschenhandel und Zwangsarbeit sind in der Bettelei jedoch laut Caritas und der Bettellobby selten. Die Identifikation von Betroffenen ist für Sozialarbeiter*innen oder Behörden extrem schwierig. Viele haben bereits schlechte Erfahrungen mit Vertreibung, Rassismus und Erniedrigung in Österreich gemacht, sodass wenig Vertrauen gegenüber Vertreter*innen von Polizei und Sozialeinrichtungen herrscht. Einige nehmen sich gar nicht als ausgebeutet wahr, vor allem wenn sie in familiärer Beziehung zu den Ausbeutenden stehen.

 

 

 

Um die Situation der Bettelei bzw. der Arbeitsausbeutung bezüglich der Bettelei nachhaltig zu verbessern fordert die Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel unter anderem die Stärkung von Opferschutzeinrichtungen und NGOs zur schnelleren Identifizierung ausgebeuteter Menschen. Außerdem sollten Behördenvertreter*innen in nicht-diskriminierender Kommunikation sowie zum Thema Antiziganismus geschult werden, um ein Bewusstsein zu schaffen, aus welchen Lebenssituationen die Betroffenen kommen.

 

Kompetente Sozialarbeit und Arbeitsintegration als Hilfsmöglichkeit

 

Auch Personal, welches über entsprechende Sprach- und Kulturkenntnisse verfügt wird benötigt, um Opfer von Menschenhandel in der Bettelei zu identifizieren und sie im Arbeitsintegrationsprojekt zu begleiten. Unsere männlichen Klienten kommen zum großen Teil von der Bettelei zu uns, so auch Adrian (Name geändert). Zunächst war er bei uns in Wien im Deutschkurs. Für die Handarbeit konnte er sich langfristig nicht so recht begeistern. Er wollte lieber mit Menschen arbeiten und hatte Interesse an unserem Hotel-Projekt. Dafür sind eine gewisse Stabilität, Zuverlässigkeit und Deutschkenntnisse nötig. Dank der Kooperation mit einem Seminarhotel in Niederösterreich, bekommen Klienten die Möglichkeit verschiedene Bereiche in der Hotellerie kennenzulernen und mitzuarbeiten. Außerdem wird gut ausgestatteter Wohnraum zur Verfügung gestellt und von uns sozialpädagogisch betreut. Adrian lebt und arbeitet dort schon seit ein paar Monaten und ist sehr zufrieden.

 

 

 

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HOPE FOR THE FUTURE | Verein zur Förderung von Personen, die von Menschenhandel bzw. Prostitution betroffen sind

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