Hausarbeit, Reinigungsarbeiten, Betreuungsarbeit - das alles sind Arbeiten, die kaum oder schlecht entlohnt werden, und damit eine hohe Dunkelziffer im Menschenhandel vermuten lassen.
Moderne Sklaverei findet auch in österreichischen Privathaushalten statt, da Reinigungs-, Betreuungs- und Pflegekräfte meist nicht voll entlohnt werden können und diese Bedürfnisse in unserem gesellschaftlichen System zu wenig Berücksichtigung finden.
Moderne Sklaven im Alltag
Im Bereich der Hausarbeit und Kinderbetreuung werden auch in Österreich Menschen in Zwangsarbeit ausgebeutet. Hausarbeit und Betreuung von Kindern sind Tätigkeiten, die in der gesellschaftlichen Wahrnehmung keinen Eingang in unser Wirtschaftssystem finden. Diese meist unsichtbare Arbeit muss jedoch tagtäglich als Basis unserer Gesellschaft stattfinden. Hausarbeit bzw. Reinigungsarbeit ist zeitaufwendig, eintönig, körperlich anstrengend und wird als Last angesehen.
Betreuung von Kindern ist mental fordernd individuell und logistisch höchst aufwendig und flexibel. Diese Arbeiten sind komplex, manchmal nervenaufreibend und zeitlich mit Bereitschaftsdienst zu vergleichen. Es sind Arbeiten, die im Ansehen niedrig stehen und schlecht bis gar nicht entlohnt werden. Meist müssen in vielen Familien diese Arbeiten von erwerbstätigen Frauen zusätzlich gemacht werden. Es ist ein tragisches Paradoxon, dass moderne europäische Frauen, die selbstbestimmt leben wollen, diese Arbeiten oft an Migrant*innen auslagern, die Gehälter unter den österreichischen Standards gerne akzeptieren oder durch Täuschung über berufliche Chancen in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten sind und keinen Ausweg finden.
Im Jänner dieses Jahres wurde in Tirol ein Fall bekannt bei dem 8 junge Frauen Opfer einer derartigen Ausbeutung wurden. "Die jungen
Frauen sollen in Einzelfällen bis zu 105 Wochenstunden gearbeitet haben. Auch sollen sie gezwungen worden sein, auf Matratzen am Boden gemeinsam mit anderen Personen zu schlafen. In zwei Fällen
kam es lt. Aussagen zudem zu sexuellen Übergriffen durch eine dritte Person. Die Frauen waren mit dem Versprechen nach Tirol gelockt worden, bei maximal 20 Stunden Wochenarbeitszeit und freien
Tagen eine adäquate Unterkunft und ein angemessenes Taschengeld zu erhalten. Zudem wurde laut Landeskriminalamt der Besuch eines kostenlosen Deutschkurses in Aussicht gestellt."
Weiters sorgen Rationalisierungen und Einsparungen in Betrieben und Unternehmen dafür, dass Reinigungsaufgaben in großen Gebäuden an externe Firmen übergeben werden, da diese vermeintlich bessere Standards an Hygiene und günstigere Dienstleistungen anbieten. Der Druck in dieser Branche ist enorm hoch, die Firmen werden einfallsreich um Möglichkeiten zu finden günstigste Preise anbieten zu können.
Hohe Dunkelziffer an moderner Sklaverei in Privathaushalten und in der Reinigungsbranche vermutet
Die meisten Fälle von Menschenhandel in Österreich sind in der Zwangsprostitution zu finden. Die Form der modernen Sklaverei mit der höchsten Dunkelziffer dürfte jedoch die Zwangsarbeit in Hausarbeit sein. Haushaltshilfen in Gastronomie, Hotellerie oder Privathaushalten können Betroffene von Haushaltssklaverei sein. Der Privatbereich ist mit erhöhtem Aufwand für die Möglichkeit von Kontrollen verbunden und die Gastronomie und Hotellerie sind oft von hoher Personalfluktuation und Saisonarbeit geprägt. Betroffene von Menschenhandel können hier überall leicht unerkannt bleiben.
Ständig gibt es heute neue Reinigungsagenturen am Markt, oft Familienbetriebe oder Firmenstrukturen mit Aufträgen an Subunternehmen mit Leihpersonal oder
Scheinselbständigkeit. Vor allem werden Personen mit Migrationshintergrund hier oft ausgebeutet, da es leichter ist sie über arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen im für sie fremden Land zu
täuschen. "Die Anzahl privater Arbeitsagenturen, die sowohl für den Inlandsmarkt als auch für den Außenmarkt Arbeitskräfte rekrutieren, ist in den vergangenen Jahren in ganz Europa deutlich
angestiegen. Die Grenzen zwischen legaler und illegaler Arbeitsvermittlung sind häufig verschwommen. Qualitative Analysen haben gezeigt, dass die Vermittler sowohl im legalen als auch illegalem Bereich ein überaus weites Netzwerk
nutzen, um an ArbeiterInnen zu kommen."
Wann ist es ein schlecht bezahlter Job und wann Zwangsarbeit oder Menschenhandel?
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse bilden oft den Übergang zu Zwangsarbeit und es ist manchmal schwer zu bestimmen, wo tatsächlich Fälle von Menschenhandel vorliegen. Ausbeutung liegt dann vor, sobald der Schutz der Gesundheit nicht durch den Arbeitgeber gewahrt wird bzw. keine faire Entlohnung, keine adäquate Unterkunft oder rechtlich gültige Arbeitsverträge vorliegen. Haushaltssklaverei ist es jedenfalls, wenn die Haushaltshilfe illegal aufgrund von Schuldknechtschaft der Familie gegenüber beschäftigt wird. Menschenhandel und Zwangsarbeit liegen vor, wenn die betreffende Person durch Betrug, Täuschung und/oder Gewalt in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt wurde. Die Betroffenen werden dabei nur mehr als Ware behandelt und erfahren Freiheitsberaubung oder eine deutliche Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Oft sind die Personen illegal vor Ort oder ihre Personaldokumente werden von dem Menschenhändler*innen einbehalten.
Klare Warnzeichen für Haushaltssklaverei oder moderne Sklaverei in Gastronomie und Hotellerie sind Quartiere der Betroffenen, die nur von außen verschlossen werden können, bzw. durch Sicherungsanlagen kontrolliert werden. Weitere Anzeichen sind ausufernde Arbeitszeiten mit Bereitschaften bis hin zu ständiger Verfügbarkeit rund um die Uhr. Weiters fallen Betroffene mitunter dadurch auf, dass sie das Haus nie verlassen und keine sozialen Kontakte oder geselligen Aktivitäten pflegen.
Bei HOPE FOR THE FUTURE wissen wir wie 'unsichtbar' die moderne Sklaverei in unserem Land oft ist. Als Verein sind wir gut vernetzt und auch dank unserer Partnerorganisationen kennen wir die Bedingungen des Menschenhandels in Österreich. Wer die Hintergründe kennt, sieht mehr und ist gefragt durch Zivilcourage und Sensibilisierung für das Thema einen Beitrag zur Abschaffung der modernen Sklaverei in Österreich zu leisten. Informieren Sie sich und unterstützen Sie unsere Arbeit auch in Zukunft.